In den
letzten Tagen habe ich wieder einmal einiges Verrücktes erlebt. Ich kann wohl
an keinen Ort gehen, ohne nicht was Verrücktes zu erleben. Diesmal ging es von
Schildkröten essen, welche eigentlich verboten wären, über ehemalige
Drogendealer, dessen Geschichte ich kennenlernte, zu einem Heiratsantrag einer
Prostituierten, welchen ich erhalten habe.
Nach San
Cristóbal de las casas war mein nächstes Ziel Oaxaca. Jedoch wollte ich nicht
rund zwölf Stunden in einem Bus sitzen, um Oaxaca zu erreichen. Deshalb
informierte ich mich über irgendwelche Orte, welche dazwischen liegen. Während
dem Reisen informiere ich mich oft mit Lonelyplanet, einem Reiseverlag für
Reisende speziell auch mit kleinem Budget. Zusätzlich erfährt man mit
Lonelyplanet auch viele Orte, welche nicht zu touristisch sind oder etwas
abgelegen sind. So fand ich in diesem Buch den Ort Puerto Arista. Für mich noch
ein ziemlich unbekannter Ort. Nach Gesprächen mit Personen aus Chiapas war ich
mir dann sicher, den Ort zu besuchen. Er klang ziemlich überzeugend.
Der Ort war
nicht einfach zu erreichen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Tonalá aus
fand ich dennoch den Weg zu dem prophezeiten Paradies. Ich nächtigte in der
Hospedaje von Eduardo. Die Hospedaje war für die zweihundert Pesos, welche ich
bezahlt habe, keine schlechte Unterkunft. Zweihundert Pesos sind rund fünfzehn
Franken. Wasser funktionierte, Klobrille fehlte dennoch wieder. Vermutlich
suche ich auch bei den weiteren Orten vergebens eine Klobrille. Bereits
inspizierte ich ein wenig den Strand und den Ort. Ich war verwundert, wie
wenige Touristen den Weg nach Puerto Arista finden. Später erklärte mir Adrian,
der Chef eines Restaurants, dass die meisten Touristen an Semana Santa oder in
den Sommerferien kommen. Dennoch gäbe es immer wieder verirrte wie mich, welche
den Weg an diesen Ort fänden. Ich genoss einen super Meeresfrüchtesalat. An
Strandorten nütze ich jeweils die Gelegenheit, Meeresfrüchte oder Fische zu
essen. Später luden mich Adrian und seine Angestellten ein, etwas alte
Silvester Stallone Filme mit ihnen zu gucken. Ebenfalls anwesend war Davi, der
auch nach dem dritten Film nicht zu verstehen vermochte, dass es es sich nur um
einen Film handelte und nicht Realität war. Lag vermutlich an dem Cannabis,
welches er in ziemlich grossen Mengen rauchte. Der Abend ging vorbei und ich
legte mich schlafen. Vorher versprach mir Eduardo noch, am Tag darauf seine
hübschen Cousinen einzuladen. Na, dann freue ich mich doch…
Der nächste
Tag kam und ich beschloss mich auf einen Spaziergang am Strand. Dort winkte mir
bereits Adrian wieder zu. Ich trank mit ihm etwas Wasser mit frischgepressten
Zitronen. Er erzählte mir dabei ziemlich viele Geschichten über sich und über
Puerto Arista. Er sagte mir, in Europa sei er noch nie gewesen, nur in England.
Nachdem ich ihm erklärte, dass England ebenfalls zu Europa gehöre wollte ich
natürlich den Grund wissen, warum er in England war. Zuerst wollte er mir den
Grund nicht nennen. Später aber sagte er mir, er musste einen Gefallen für einen
alten Kollegen machen und reiste darum mit Drogendealern aus Mexico nach
England um dort eine Schiffsladung mit Drogen abzuliefern. Er sei aber seit
langer Zeit nicht mehr in solche Geschäfte involviert. Danach versprach er mir,
am Abend für mich Schildkrötenragout zu kochen. Zudem besorge er mir
Schildkröteneier, welche ich ebenfalls probieren könne. Diese seien sehr
delikat. Es sei normalerweise verboten, diese Speisen zuzubereiten, aber viele
Personen machen es trotzdem. Da er mich ein guter Typ finde, mache er dies für
mich.
So kam es.
Der Abend rückte näher und ich war bereit für den Gaumenschmaus. Das
Schildkrötenragout war ausgezeichnet. Es schmeckte ein wenig wie Rindfleisch,
etwas zäher und zwischendurch kam ein Hauch Fischgeschmack durch den Gaumen.
Falls sonst jemand mal die Gelegenheit dafür, unbedingt probieren, schmeckt
super. Die Eier hingegen hatte ich überhaupt nicht gerne. Sie waren beinahe
roh, wurden mit etwas Salz, Limone und Chilli gewürzt und dann so
ausgeschlürft. Für Adrian ein Festessen, ich hatte jedoch sehr viel Mühe das Ei
runterzubringen. Wie damals zuvor bei dem Hirn, welches ich gegessen hatte war
ich kurz davor, mich zu übergeben. Endlich, ich habe es geschafft. Ich konnte
es mit Bier runterspülen. Es schmeckte ziemlich fest nach Fisch, aber nach
einem ziemlich ätzenden Fisch und war wirklich nicht gut. Ich war danach jedoch
zu dumm um zu einem gekochten Ei nein zu sagen. So probierte ich auch dies,
wieder mit dem gleichen Effekt. Doch was auf den Teller kommt, isst man!
Einige Biere
später kam Eduardo angerannt. Seine Cousinen seien angekommen. Sie waren super
schön und schienen bereits bei der ersten Begrüssung auf mich abzufahren.
Fünfzig fünfzig war die Quote, dass sie Prostituierte waren, so mein Gedanke.
Ich kam mit der einen gut ins Gespräch, es wurde geflirtet und gelacht. Dann
wollte sie mir unbedingt Fotos von ihr zeigen. Es waren Fotos von ihr in allen
Posen und jedem möglichen Kleidungsstück, richtig gehört, jedem möglichen
Kleidungsstück. Der Verdacht erhärtete sich, dass sie eine Prostituierte seine
musste. Als sie mir dann ein Angebot machte, dass ich nur achthundert Pesos
bezahlen müsse, war es dann klar. Mein Budget ist nicht gross. Für eine
Übernachtung bezahle ich nicht mehr als fünfzehn bis zwanzig Franken, bei den Fahrten
schaue ich stets, zweite Klasse zu fahren und auch bei dem Essen spare ich,
eigentlich überall schaue ich aufs Geld. So liegen also keine achthundert Pesos
drin. Erst mal dies und dann mein Grundsatz, dass ich für die schönste
Nebensache der Welt nicht bezahle. So einfach sieht es aus und ich musste sie
enttäuschen. Trotzdem war es ein lustiger Abend, obwohl ich den Leuten dort
nicht ganz traute. Ich versteckte vorsichtshalber alle meine Wertsachen. Bevor
sie gingen, gestand mir die Prostituierte, dass sie sich in mich verliebt habe
und wollte unbedingt, dass ich bei ihr bleibe. Sie machte mir vor Ort einen
Heiratsantrag, um es zu verdeutlichen. Aiaiai, das ging ja wohl schnell. Meine
Entscheidung war jedoch einfach und verneinte. Zu Schade für sie, ich denke sie
wollte wohl später in die Schweiz mit mir. Sie wollte mich am nächsten Tag
unbedingt wieder sehen. Ich packte jedoch meine Siebensachen und trat am
nächsten Tag die Reise nach Oaxaca an.