Dienstag, 12. Mai 2015

Die Reise beginnt / Autostopp Baar-Bern

Die Reise beginnt

Bevor ich mich auf die grosse Reise begab, besuchte ich Philipp in München. Wir haben zusammen im Iglu-Dorf gearbeitet. Kurz vor meiner Abreise war München ein gutes Reise-Warm-Up. Philipp, seine Freundin Sophia und ihre Mitbewohner Simon und Chrissy haben mich sehr gut bei ihnen aufgenommen. Ich danke noch einmal herzlich für die tolle Gastfreundschaft. Am ersten Mai fand das Wannda Circus Openair in München statt. Als Freund von guter elektronischer Tanzmusik war das natürlich ein muss. Trotz strömendem Regen und dem grossen See rund um das Zirkuszelt war die Stimmung fantastisch. Bereits am Nachmittag war die Stimmung auf dem Höhepunkt und die Menge feierte und tanzte als gäbe es kein Morgen mehr. Ich werde das Wannda bestimmt wieder besuchen, das ist klar! München selbst hat mir sehr gefallen. Der Lebensstandard ist wahnsinnig hoch und die Menschen sehr freundlich. Ich sage dazu gerne, auf ein frohes Wiedersehen...

Autostopp Baar-Bern

Um halb eins Nachmittags, Donnerstag vergangene Woche begab ich mich auf das grosse Abenteuer. Immer und immer wieder überlegte ich mir, ob ich nicht besser den Zug nach Bern nehmen sollte, wie es mir meine Freunde und Familie geraten haben. Doch meine unersättliche Lust nach Abenteuer liess mich nicht im Stich und ich streckte meinen rechten Daumen das erste Mal gegen Strasse. Das erste Auto in Sichtweite. Konnte ich denn wirklich so viel Glück haben? Es hat tatsächlich am Strassenrand angehalten. Eine Frau um die sechzig fragte mich, wohin ich gerne möchte. „Richtung Bern, Paris, französische Küste möchte ich, aber es reicht, wenn sie mich einfach ein Stück mitnehmen könnten“, antwortete ich ihr. Sie lachte und nahm mich ins nächste Dorf, nach Steinhausen mit. Bei strahlendem Sonnenschein streckte ich also meinen Daumen wieder gegen Strasse. Diesmal wartete ich aber bereits eine halbe Stunde auf die nächste Mitfahrgelegenheit. Ich zwängte mich samt Rucksack in einen kleinen Zweiplätzer. Wieder erzählte ich von meinen Plänen. Der Typ meinte, ich spinne. Dennoch hatte er viel Respekt vor meinem Vorhaben. Gerne hätte er auch mal den Mut gehabt, so etwas zu unternehmen. Doch er sei langsam dreissig Jahre alt und könne das nicht mehr machen. Die Fahrt endete in Buchrain. Dort hatte ich überhaupt kein Glück. Darum lief ich eine halbe Stunde nach Inwil. Auch dort wartete ich wieder eine Ewigkeit.

Es scheint, als wäre die Mehrheit der Schweizer nicht sehr offen gegenüber Trampern. Kaum jemand nimmt Menschen mit ausgestrecktem Daumen mit. Ich denke, dies liegt an dem grundlegenden Gedanken des perfekten Bünzlis. Man hat hier eine Arbeit, ein Auto und gönnt sich zwischendurch mal gute All-Inclusiv Ferien irgendwo in Italien, Spanien, Türkei oder wo auch immer. Aber trampen, mal den Daumen rausstrecken und auf eine Mitfahrgelegenheit hoffen, gilt als verpönt. So kommt es mir manchmal vor. Junge, kauf dir ein Auto, such dir eine Arbeit wie jeder andere. Genau solche Gedanken kann man in den Gesichtern der vorbeifahrenden Autofahrer rauslesen.

Endlich nahm mich jemand mit. Diesmal bis Rain. Auch wieder nur ein zwei Dörfer weiter. Immerhin. Auch er sei Reisender, erzählte er mir. Im August werde er innerhalb von fünf Wochen um die Welt reisen...Ich wünschte ihm eine gute Reise und streckte meinen Daumen wieder raus. Diesmal hielt ein VW T5 Bus. Er sei bereits zwölf Mal in Biarritz und Umgebung surfen gegangen. Zuerst alleine oder mit Freunden, dann mit seiner heutigen Ehefrau. Nun möchte er wieder gehen. Inzwischen habe er aber ein kleines Töchterchen. Darum habe er sich auch einen VW Bus gekauft. Sie brauchen nun Platz für eine Person mehr. Schöne Geschichte. Er fuhr mich bis Sempach. Von dort bis Sursee durfte ich auf dem Sitz neben einer etwas älteren Dame Platz nehmen. Tramper mitzunehmen sei für sie ein Muss. Vierzig Jahre sei es her, als sie ihre erste Reise gestartet habe. Seither habe sie die halbe Welt gesehen, habe in Indien und Afrika gelebt und freue sich noch heute auf neue Abenteuer. Gerne hätte ich ein Treffen mit dem dreissig Jährigen und dieser Dame organisiert, welcher fand, mit dreissig sei er zu alt um sich auf ein solches Abenteuer zu begeben.

Von Sursee gings weiter mit einem Audi S5. Gewaltige Horsepower verschoben mich dabei von Sursee nach Gunzgen. Der junge Mann liess sich von meinen vergangenen Reisen sehr inspirieren und möchte gerne bei seiner nächsten Reise anstatt All-Inclusiv gerne mal in Mexico herumreisen. Er liess mich bei der Autoraststätte Gunzgen Nord raus. Dort gab ich meinen ersten Franken aus um zu pinkeln. Diesen konnte ich gleichzeitig gegen einen Mohrenkopf eintauschen, wie lieb von denen. Auf dieser Raststätte waren die Aussichten auf eine Mitfahrgelegenheit wieder kleiner. Kaum Autos, welche die Raststätte besucht haben. Ich begann die Leute direkt zu fragen, musste ich doch um viertel nach sechs in Bern sein. Dort habe ich mit André abgemacht. Mit ihm habe ich den Kindergarten, Primar- und Oberstufe und die Berufsschule besucht. Er reist auch sehr gerne. Gerade eben kam er von einer langen Reise in Südostasien zurück. Leider habe ich ihm vergessen mitzuteilen, dass ich trampe. So war er ein bisschen überrascht, als ich ihm mitteilte, dass es vielleicht etwas später werden konnte. Rettung nahte. Ein Geschäftsmann aus Genf nahm mich mit. Eigentlich wollte er direkt nach Genf fahren, nahm sich aber die Mühe und fuhr mich bei Feierabendverkehr in die Stadt Bern. Um halb sieben bin ich dann nach sechs Stunden in Bern an. Ich habs geschafft. Geil! Danach genoss ich zuerst nur mit André, später noch mit seiner Mitbewohnerin Steffi, ebenfalls Reise- und Abenteuerlustig, den wunderschönen Abend auf dem Balkon des Länggass Quartiers in Bern mit Wein und Hummus. Grosses Dankeschön den beiden...

Die nächsten Tage verbrachte ich mit meinem Ex-Mitbewohner Niek. Ich durfte eine wahnsinnige Gastfreundschaft von Nieks Familie erfahren. Niek hat eine echt tolle Familie. Wir hatten eine super Zeit zusammen in Hasle-Rüegsau. Am Samstag trafen Niek und ich uns mit unserer Pflästerli-Crew aus Gstaad in Bern und feierten bis in den Morgen.

Nun bin ich per Anhalter in Mulhouse, Frankreich, gelandet. Geplant war das nicht. Aber mein Vorsatz beim Reisen ist immer, dass man besser keine Pläne macht. Es kommt sowieso immer anders. Auf der Reise von Hasle-Rüegsau nach Mulhouse nahm mich Achmed aus Deutschland mit. Er war so begeistert von meiner völlig ungeplanten Reise, oder sagen wir besser, eher etwas besorgt, dass er mir gleich einige seiner Karten aus Frankreich und Spanien mitgab. Später lernte ich Dora aus Polen, wohnhaft in Zürich, kennen. Sie ist Doktorandin und trampt fürs Leben gerne. Eigentlich wollte sie nur ihre Schwester am Flughafen in Basel abholen, fuhr mich dann aber noch bis Mulhouse.

Die Reise geht nun weiter...auf neue Abenteuer!!

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