Die Reise beginnt
Bevor
ich mich auf die grosse Reise begab, besuchte ich Philipp in München.
Wir haben zusammen im Iglu-Dorf gearbeitet. Kurz vor meiner Abreise
war München ein gutes Reise-Warm-Up. Philipp, seine Freundin Sophia
und ihre Mitbewohner Simon und Chrissy haben mich sehr gut bei ihnen
aufgenommen. Ich danke noch einmal herzlich für die tolle
Gastfreundschaft. Am ersten Mai fand das Wannda Circus Openair in
München statt. Als Freund von guter elektronischer Tanzmusik war das
natürlich ein muss. Trotz strömendem Regen und dem grossen See rund
um das Zirkuszelt war die Stimmung fantastisch. Bereits am Nachmittag
war die Stimmung auf dem Höhepunkt und die Menge feierte und tanzte
als gäbe es kein Morgen mehr. Ich werde das Wannda bestimmt wieder
besuchen, das ist klar! München selbst hat mir sehr gefallen. Der
Lebensstandard ist wahnsinnig hoch und die Menschen sehr freundlich.
Ich sage dazu gerne, auf ein frohes Wiedersehen...
Autostopp Baar-Bern
Um halb
eins Nachmittags, Donnerstag vergangene Woche begab ich mich auf das
grosse Abenteuer. Immer und immer wieder überlegte ich mir, ob ich
nicht besser den Zug nach Bern nehmen sollte, wie es mir meine
Freunde und Familie geraten haben. Doch meine unersättliche Lust
nach Abenteuer liess mich nicht im Stich und ich streckte meinen
rechten Daumen das erste Mal gegen Strasse. Das erste Auto in
Sichtweite. Konnte ich denn wirklich so viel Glück haben? Es hat
tatsächlich am Strassenrand angehalten. Eine Frau um die sechzig
fragte mich, wohin ich gerne möchte. „Richtung Bern, Paris,
französische Küste möchte ich, aber es reicht, wenn sie mich
einfach ein Stück mitnehmen könnten“, antwortete ich ihr. Sie
lachte und nahm mich ins nächste Dorf, nach Steinhausen mit. Bei
strahlendem Sonnenschein streckte ich also meinen Daumen wieder gegen
Strasse. Diesmal wartete ich aber bereits eine halbe Stunde auf die
nächste Mitfahrgelegenheit. Ich zwängte mich samt Rucksack in einen
kleinen Zweiplätzer. Wieder erzählte ich von meinen Plänen. Der
Typ meinte, ich spinne. Dennoch hatte er viel Respekt vor meinem
Vorhaben. Gerne hätte er auch mal den Mut gehabt, so etwas zu
unternehmen. Doch er sei langsam dreissig Jahre alt und könne das
nicht mehr machen. Die Fahrt endete in Buchrain. Dort hatte ich
überhaupt kein Glück. Darum lief ich eine halbe Stunde nach Inwil.
Auch dort wartete ich wieder eine Ewigkeit.
Es
scheint, als wäre die Mehrheit der Schweizer nicht sehr offen
gegenüber Trampern. Kaum jemand nimmt Menschen mit ausgestrecktem
Daumen mit. Ich denke, dies liegt an dem grundlegenden Gedanken des
perfekten Bünzlis. Man hat hier eine Arbeit, ein Auto und gönnt
sich zwischendurch mal gute All-Inclusiv Ferien irgendwo in Italien,
Spanien, Türkei oder wo auch immer. Aber trampen, mal den Daumen
rausstrecken und auf eine Mitfahrgelegenheit hoffen, gilt als
verpönt. So kommt es mir manchmal vor. Junge, kauf dir ein Auto,
such dir eine Arbeit wie jeder andere. Genau solche Gedanken kann man
in den Gesichtern der vorbeifahrenden Autofahrer rauslesen.
Endlich
nahm mich jemand mit. Diesmal bis Rain. Auch wieder nur ein zwei
Dörfer weiter. Immerhin. Auch er sei Reisender, erzählte er mir. Im
August werde er innerhalb von fünf Wochen um die Welt reisen...Ich
wünschte ihm eine gute Reise und streckte meinen Daumen wieder raus.
Diesmal hielt ein VW T5 Bus. Er sei bereits zwölf Mal in Biarritz
und Umgebung surfen gegangen. Zuerst alleine oder mit Freunden, dann
mit seiner heutigen Ehefrau. Nun möchte er wieder gehen. Inzwischen
habe er aber ein kleines Töchterchen. Darum habe er sich auch einen
VW Bus gekauft. Sie brauchen nun Platz für eine Person mehr. Schöne
Geschichte. Er fuhr mich bis Sempach. Von dort bis Sursee durfte ich
auf dem Sitz neben einer etwas älteren Dame Platz nehmen. Tramper
mitzunehmen sei für sie ein Muss. Vierzig Jahre sei es her, als sie
ihre erste Reise gestartet habe. Seither habe sie die halbe Welt
gesehen, habe in Indien und Afrika gelebt und freue sich noch heute
auf neue Abenteuer. Gerne hätte ich ein Treffen mit dem dreissig
Jährigen und dieser Dame organisiert, welcher fand, mit dreissig sei
er zu alt um sich auf ein solches Abenteuer zu begeben.
Von
Sursee gings weiter mit einem Audi S5. Gewaltige Horsepower
verschoben mich dabei von Sursee nach Gunzgen. Der junge Mann liess
sich von meinen vergangenen Reisen sehr inspirieren und möchte gerne
bei seiner nächsten Reise anstatt All-Inclusiv gerne mal in Mexico
herumreisen. Er liess mich bei der Autoraststätte Gunzgen Nord raus.
Dort gab ich meinen ersten Franken aus um zu pinkeln. Diesen konnte
ich gleichzeitig gegen einen Mohrenkopf eintauschen, wie lieb von
denen. Auf dieser Raststätte waren die Aussichten auf eine
Mitfahrgelegenheit wieder kleiner. Kaum Autos, welche die Raststätte
besucht haben. Ich begann die Leute direkt zu fragen, musste ich doch
um viertel nach sechs in Bern sein. Dort habe ich mit André
abgemacht. Mit ihm habe ich den Kindergarten, Primar- und Oberstufe
und die Berufsschule besucht. Er reist auch sehr gerne. Gerade eben
kam er von einer langen Reise in Südostasien zurück. Leider habe
ich ihm vergessen mitzuteilen, dass ich trampe. So war er ein
bisschen überrascht, als ich ihm mitteilte, dass es vielleicht etwas
später werden konnte. Rettung nahte. Ein Geschäftsmann aus Genf
nahm mich mit. Eigentlich wollte er direkt nach Genf fahren, nahm
sich aber die Mühe und fuhr mich bei Feierabendverkehr in die Stadt
Bern. Um halb sieben bin ich dann nach sechs Stunden in Bern an. Ich
habs geschafft. Geil! Danach genoss ich zuerst nur mit André, später
noch mit seiner Mitbewohnerin Steffi, ebenfalls Reise- und
Abenteuerlustig, den wunderschönen Abend auf dem Balkon des Länggass
Quartiers in Bern mit Wein und Hummus. Grosses Dankeschön den
beiden...
Die
nächsten Tage verbrachte ich mit meinem Ex-Mitbewohner Niek. Ich
durfte eine wahnsinnige Gastfreundschaft von Nieks Familie erfahren.
Niek hat eine echt tolle Familie. Wir hatten eine super Zeit zusammen
in Hasle-Rüegsau. Am Samstag trafen Niek und ich uns mit unserer
Pflästerli-Crew aus Gstaad in Bern und feierten bis in den Morgen.
Nun bin
ich per Anhalter in Mulhouse, Frankreich, gelandet. Geplant war das
nicht. Aber mein Vorsatz beim Reisen ist immer, dass man besser keine
Pläne macht. Es kommt sowieso immer anders. Auf der Reise von
Hasle-Rüegsau nach Mulhouse nahm mich Achmed aus Deutschland mit. Er
war so begeistert von meiner völlig ungeplanten Reise, oder sagen
wir besser, eher etwas besorgt, dass er mir gleich einige seiner
Karten aus Frankreich und Spanien mitgab. Später lernte ich Dora aus
Polen, wohnhaft in Zürich, kennen. Sie ist Doktorandin und trampt
fürs Leben gerne. Eigentlich wollte sie nur ihre Schwester am
Flughafen in Basel abholen, fuhr mich dann aber noch bis Mulhouse.
Die
Reise geht nun weiter...auf neue Abenteuer!!
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